Im Frühsommer tanzen kleine Lichter an feuchten Waldrändern. Feen? Elfen? Irrlichter? Nein, es sind Glühwürmchen. Und was wir da beobachten können, ist ein außergewöhnlicher Paarungstanz.
Tanz nach Dämmerung: Glühwürmchen
Die Glühwürmchen, auch Johanniswürmchen genannt, sind in Wirklichkeit Käfer. Die Weibchen haben allerdings verkümmerte Flügel und ähneln eher einer Larve, daher der Name. Zwei Arten von Leuchtkäfern leben in Deutschland, ungefähr 2000 sind es weltweit. Sie gehören zu den wenigen leuchtenden Landtieren – im Meer ist diese Eigenschaft keine Seltenheit.
„Biolumineszenz“ – biologisches Leuchten – nennt man die Fähigkeit einiger Mikroorganismen, Fische, Insekten und anderer Tiere, Licht zu erzeugen. Nicht alle dieser Tiere leuchten wirklich selbst: Der Anglerfisch etwa, der mit einer leuchtenden „Angel“ in der Tiefsee kleine Fische vor sein Maul lockt, nutzt symbiotisch lebende Bakterien in seinem Angelorgan.
Ein männlicher Leuchtkäfer. Am unteren Hinterteil sitzt das Leuchtorgan.
Die Glühwürmchen dagegen leuchten selbst. Ihr Leuchtorgan am hinteren Körperende erinnert in seinem Aufbau an eine Taschenlampe, in der eine Glühbirne Licht liefert, ein Reflektor es bündelt und eine durchsichtige Scheibe es nach außen lässt: All diese Aufgaben übernehmen bei den Leuchtkäfern spezialisierte Zellen.
Die Zellen der Reflektorschicht enthalten viele Salzkristalle, die das Licht daran hindern, in den Körper abzustrahlen. Auf der anderen Seite des Leuchtorgans lassen durchsichtige Zellen das Licht hinaus. Die Leuchtzellen in der Mitte schließlich sind mit besonders vielen Mitochondrien ausgestattet. Diese Organellen liefern die nötige Energie für das eigentliche Glühen der Würmchen: Mit Hilfe des zellulären Kraftstoffs ATP oxidiert das Enzym Luciferase in den Leuchtzellen einen Stoff namens Luciferin; es entstehen Kohlendioxid und Licht.
Proteinstruktur der Luciferase
Die Energieübertragung ist dabei höchst effektiv: Etwa 95% der im ATP gespeicherten Energie wird zu Licht umgewandelt. Bei einer herkömmlichen Glühbirne dagegen gehen 95% der elektrischen Energie als Wärme verloren.
Mit ihrem Lichtspielen machen sich die Leuchtkäfer attraktiv. Am Boden sitzen die flugunfähigen Weibchen und winken, während die Männchen in der Luft werbend um sie herum tanzen. Jede Leuchtkäfer-Art hat dabei ihr eigenes Leuchten: Die Glühwürmchen in Deutschland etwa strahlen dauerhaft, in Italien blinken sie in einem ganz bestimmten Takt. Und auch die Farbe des ausgestrahlten Lichtes ist unterschiedlich. Damit erreichen die Insekten, dass immer die richtigen Partner zusammen finden.
Doch das gelingt trotzdem nicht immer. Die Weibchen mancher Leuchtkäfer-Arten können das Leuchtsignal einer anderen Art imitieren. Sie locken die artfremden Männchen an – und verschlingen sie. Die gefräßigen Weibchen haben es auf einen Bitterstoff der fremden Männchen abgesehen, der die Tiere vor Fressfeinden schützt. Das hübsche Lichtspiel muss also nicht immer ein Ausdruck von Liebe sein…
ATP = C10H16N5O13P3