Manche Menschen leiden schon in jungen Jahren an Diabetes. Dabei gehen die Beta-Zellen in ihrer Bauchspeicheldrüse durch Angriffe von Viren und Immunzellen frühzeitig zugrunde und produzieren kein Insulin mehr. Wissenschaftler haben nun einen Mechanismus entdeckt, durch den sich Beta-Zellen vor der Zerstörung durch Viren schützen und der bei diesen Patienten offenbar gestört ist.
Insulin regelt die Aufnahme von Blutzucker in Körperzellen.
(Bild: dieBlen.de)
Diabetes mellitus, die Zuckerkrankheit, entsteht durch einen Mangel an dem Hormon Insulin. Insulin wird in den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse gebildet und steuert die Aufnahme von Glukose aus dem Blut in die Zellen des Körpers. Fehlt das Hormon, steigt der Zuckergehalt im Blut an. Überschüssiger Zucker wird über den Harn ausgeschieden und bindet Wasser. Die Folge sind die bekannten Diabetes-Symptome: Vermehrte Harnausscheidung und entsprechender Anstieg der Flüssigkeitsaufnahme. Dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte führen schließlich zu Schäden an Gefäßen, Niere, Nerven und Augen.
Weltweit sind derzeit über 150 Millionen Menschen von Diabetes betroffen. Dabei unterscheidet man zwei Formen: Etwa jeder zehnte Diabetiker erkrankt bereits in jungen Jahren am so genannten juvenilen Diabetes vom Typ 1. Anders als Diabetes vom Typ 2, der durch
Coxsackievirus (Grafik: J. Reddy, VIPER-Database)
Bewegungsmangel und Übergewicht begünstigt wird, ist beim Typ 1 eine Autoimmunreaktion beteiligt: Körpereigene Abwehrzellen greifen die Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse an und zerstören sie. Daran können auch äußere Faktoren beteiligt sein, beispielsweise Infektionen mit Coxsackieviren . Diese Viren sind vergleichsweise harmlos – sie verursachen meist nur leichte Atemwegsbeschwerden. Sie können zwar auch die Bauchspeicheldrüse befallen, schädigen allerdings die Beta-Zellen nur minimal.
Auf welche Weise Coxsackieviren dennoch Diabetes auslösen können, hat jetzt eine Gruppe von Wissenschaftlern herausgefunden. Dazu untersuchten Nora Savetnik und ihre Kollegen vom Scripps Research Institute in Kalifornien Mäuse mit Diabetes-Veranlagung. Wie sich zeigte, spielt der Botenstoff Interferon eine wichtige Rolle. Diesen weit verbreiteten Botenstoff setzen auch die Beta-Zellen frei, sobald sie durch ein Virus infiziert werden. Interferon alarmiert umliegende Zellen und setzt in diesen eine Schutzreaktion in Gang, die sie vor Virus-Schäden bewahrt. Außerdem schützt Interferon die Beta-Zellen vor Angriffen durch die Zellen des Immunsystems.
Als die Forscher die Wirkung des Interferons auf die Beta-Zellen der Mäuse hemmten, zerstörte das vermeintlich harmlose Virus plötzlich massiv diese Zellen. Außerdem waren die Beta-Zellen nun hoch empfindlich gegenüber Angriffen durch Immunzellen – eine Autoimmunreaktion kam in Gang. Die Mäuse entwickelten in der Folge eine akute Form von Diabetes, ähnlich wie Menschen nach einer sehr schweren Virusinfektion.
Das Schicksal der Beta-Zellen hängt also offenbar eng mit ihrer Fähigkeit zusammen, auf antivirale Stoffe wie Interferon zu reagieren. Eine Störung dieses Schutzsystems führt deshalb zu einem erhöhten Diabetes-Risiko. „Die Erkenntnisse könnten bei der Behandlung akuter Fälle von Typ 1 Diabetes hilfreich sein,“ schreiben die Forscher in der Fachzeitschrift Nature Immunology.