Harvard-Krebsmaus – 10 Jahre Streit

Für die einen war es ein Durchbruch für die Wissenschaft, für die anderen ein Dammbruch für Patente auf Leben. Fest steht, dass die Entscheidung des Europäischen Patentamtes vor 10 Jahren ein Signal war. Am 13. Mai 1992 wurde das erste Säugetier in Europa patentiert: Die „Harvard-Krebsmaus“.

Harvard-Krebsmaus
Forscher der renommierten US-Universität in Harvard hatten in das Erbgut des Tieres ein menschliches Krebsgen eingefügt. Dadurch entwickeln die Mäuse mit hoher Wahrscheinlichkeit schon jung Krebs. Die Wissenschaftler hatten sich erhofft, dadurch neue Erkenntnisse über die Entstehung von Krebs gewinnen und neuartige Medikamente entwickeln zu können. Nach Aussage von Krebsforschern hat die Harvard-Krebsmaus jedoch nur wenig neue Erkenntnisse gebracht.

Entsprechend gilt die Patentierung des Tieres auch bei Gegnern wie Befürwortern der Patente auf gentechnisch veränderte Organismen eher als symbolischer Akt. Seit 1992 wurden laut Europäischem Patentamt (EPA) über 1000 Patentanträge auf Tiere gestellt, gut 50 davon wurden erteilt. Dabei blieben die Patente auch juristisch lange umstritten: 1989 hatte das EPA den Antrag noch abgelehnt, obwohl das Tier in den USA schon seit 1988 patentiert war. Einsprüche von Gegnern des Verfahrens – in erster Reihe die Umweltschutzorganisation Greenpeace – führten 1995 zu einem vorläufigen Ende der Patente auf gentechnische veränderte Pflanzen und Tiere. Erst nachdem das Europäische Parlament 1999 solche Patente in einer Richtlinie ausdrücklich billigte, nahm das EPA die Patentierungen wieder auf. Obwohl Deutschland die Richtlinie bislang nicht in nationales Recht umgesetzt hat, sind die Patente auch hierzulande gültig.

Kritiker fürchten unter anderem, dass durch die – besonders zu Beginn teilweise sehr weit gefassten – Patente die freie Forschung behindert wird. Auch wird angeführt, dass nach der Richtlinie auch natürliche Mutationen patentiert werden könnten. In einem solchen Fall könnte ein Patentinhaber von den Nutzern einer natürlich vorkommenden Pflanze Lizenzgebühren verlangen. Befürworter sehen in dem Patentschutz dagegen eine wichtige Möglichkeit, einen wirtschaftlichen Anreiz für private Forschung zu schaffen: 20 Jahre lang können die Inhaber eines solchen Patentes ihre Erfindung exklusiv nutzen. Für die Harvard-Krebsmaus ist die Hälfte der Zeit also schon um.

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