„Das“ menschliche Erbgut gibt es gar nicht. Denn jeder Mensch ist anders. Deshalb wurde für das Humangenomprojekt die genetische Information mehrerer Menschen entschlüsselt und gewissermaßen der kleinste gemeinsame Nenner gebildet. Wessen Erbgut sequenziert wurde, wird bis heute geheim gehalten.
Das Material kommt jedenfalls vom Nationalen Gesundheitsinstitut der USA, dem NIH. 13 Menschen sollen ihr Erbgut für das Projekt zur Verfügung gestellt haben, heißt es dort. Das Vorgehen der Forscher ist bei allen Genomprojekten gleich. Die beteiligten Institute teilen zunächst auf, wer welchen Bereich des Genoms untersucht, wer die Daten sammelt und verwaltet und wer die Koordination übernimmt. Dann geht es an die Arbeit: Die Chromosomen werden zerschnitten. Die DNA eines Chromosoms ist viel zu lang, um deren Sequenz auf einmal zu bestimmen. Deshalb zerlegt man sie in handliche Stücke und sucht hinterher nach überlappenden Bereichen, mit deren Hilfe man die Stücke wieder zusammen setzen kann.
Bei der Entschlüsselung des menschlichen Genoms kam es dabei zu einem kleinen Glaubenskrieg: Die Forscher des öffentlich finanzierten Humangenomprojekts wandten eine etwas andere Technik an als die Konkurrenten von der privaten Firma Celera Genomics. So wurden im Humangenomprojekt die Chromosomen zunächst in grobe Stücke geschnitten. Diese langen Fragmente enthielten noch viele Marker, also Orientierungspunkte, an Hand derer eine grobe Zuordnung möglich war. Erst anschließend wurden diese großen Abschnitte noch weiter zerlegt.
Die Wissenschaftler von Celera Genomics wandten dagegen zur Zeitersparnis das „totale Schrotschussverfahren“ an: Sie zerstückelten die Chromosomen gleich in kleine Teile und vertrauten auf die Computer, überlappende Sequenzen zu finden. Ob dabei die Genauigkeit auf der Strecke geblieben ist, wird heftig diskutiert. Jedenfalls sind bis heute die Daten beider Projekte nicht 100prozentig sicher: Dazu wäre es nötig, jede einzelne Base mindestens siebenmal zu bestimmen, entsprechend den Standards für andere Genomprojekte. Bislang ist das erst für 85% der gesamten 3 Millionen Basen geschafft.
Die Verarbeitung der Ergebnisse der Genomprojekte von der Maus bis zum Menschen wäre jedenfalls nicht ohne die rasanten Fortschritte der Bioinformatik möglich gewesen. Seit dem Beginn des Humangenomprojekts im Jahr 1990 hat sich die Leistung von Computern etwa alle zwei Jahre verdoppelt. Zur sinnvollen Interpretation der Daten war es aber auch erforderlich, völlig neue Rechenverfahren zu entwickeln. Diese Aufgabe haben die so genannten Bioinformatiker übernommen – ein neues Berufsbild, das es erst seit kurzem auch in Deutschland gibt.