Aufsatz Prof. Joseph Straus – Wem gehört das Genom? – Teil 8

3. Ethisch relevante Grenzen der Patentierbarkeit

Nach dem erklärten Willen des europäischen Gesetzgebers soll die am 8. Juli 1998 verabschiedete Biopatentrichtlinie, deren Grundsätze mit Wirkung vom 1. September 1999 auch in die Ausführungsordnung zum europäischen Patentübereinkommen übergeführt wurden (32) , einerseits europaweit für hohe, mit den in den USA und Japan geltenden vergleichbare Schutzstandards sorgen und damit sicherstellen, dass die europäischen Forscher und Industrie vergleichbare Wettbewerbsbedingungen vorfinden wie ihre Kollegen und Konkurrenten in Übersee. Andererseits sollte die Richtlinie aber, unter Berücksichtigung der in Europa vorherrschenden ethischen Vorstellungen auch näher präzisieren, welche Erfindungen von der Patentierung unter dem Gesichtspunkt auszuschließen sind, dass deren Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde. Die insofern vorhandene, als Generalklausel formulierte Vorschrift des geltenden Rechts allein schien dem Gesetzgeber keine hinreichende Gewähr hierfür zu sein.

Die Richtlinie schließt nunmehr ausdrücklich unter diesem Aspekt von der Patentierung aus: Verfahren zum Klonen von menschlichen Lebewesen, Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität der menschlichen Keimbahn, Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität von Tieren, falls geeignet Leiden und körperliche Beeinträchtigung, ohne wesentlichen medizinischen Nutzen für Mensch oder Tier zu verursachen und Verfahren bei denen menschliche Embryonen zu industriellen oder gewerblichen Zwecken verwendet werden. Damit ethischen Aspekten im Bereich der Biotechnologie auch künftig im Rahmen der EU gebührend Rechnung getragen wird, schafft die Richtlinie auch die Rechtsgrundlage für die Tätigkeit einer sachverständigen Gruppe zur Bewertung aller ethischen Aspekte der Biotechnologie. Sie wird eine beratende Funktion haben, ohne die Möglichkeit, in Patenterteilungsverfahren oder Patentstreitigkeiten unmittelbar einzugreifen oder angerufen zu werden (33) .

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