Wer zu spät kommt, wird ein Männchen
Das Bakterium Wolbachia dürfte eines der am weitesten verbreiteten Bakterien der Erde sein. Weltweit infiziert es Millionen von Insektenarten und anderen Wirbellosen. Für seine weitere Verbreitung greift Wolbachia denn auch zu außergewöhnlichen Mitteln: Es manipuliert das Geschlecht der Nachkommen seines Wirtes zu seinem Vorteil.
Hopper aus dem Film ´Antz´: Ein ganzer Kerl – dank Wolbachia?
Wolbachia lebt ausschließlich innerhalb von Zellen. Um sich zu verbreiten steht ihm daher nur eine Möglichkeit zur Verfügung: Es muss die Eizellen seines Wirtes befallen, aus denen dann wieder infizierte Nachkommen hervorgehen. Durch Spermien lässt sich das Bakterium hingegen nicht übertragen – in nicht infizierte Weibchen kann Wolbachia also nicht eindringen. Es hat allerdings einen überraschenden Weg gefunden, deren Zahl zu verringern: Sobald sich ein infiziertes Männchen mit einem dieser Weibchen paart, entstehen zwar nicht infizierte, aber nur männliche Nachkommen.
Der Trick dabei ist ein Eingriff in die ersten Schritte der Zellteilung. Nach der Befruchtung durchläuft das Insekten-Ei einige klar geordnete Schritte, während derer die väterlichen und mütterlichen Chromosomen verdoppelt werden. Diese sind zunächst noch getrennt und innerhalb des Eis jeweils von einer eigenen Hülle umgeben, dem so genannten Pronukleus. Die beiden Pronuklei lagern sich aneinander an und lösen sich im Normalfall gleichzeitig auf, um die Chromosomen freizugeben.
Uyen Tram und William Sullivan von der University of California in Santa Cruz haben nun in Videostudien gezeigt, dass Wolbachia das Timing genau dieses Schrittes beeinflusst: Stammt der Pronukleus vom Spermium eines infizierten Männchens, löst sich seine Hülle mehr als eine Minute nach dem der Mutter auf. Zu diesem Zeitpunkt sind die Chromosomen der Mutter aber bereits verdoppelt und dabei, sich zu trennen. Die Chromosomen des Vaters haben keine Chance mehr, diese rechtzeitig einzuholen. Mit anderen Worten: Der Zellteilungs-Zug ist abgefahren und die väterlichen Chromosomen gehen verloren.
Wie die Forscher in der Fachzeitschrit Science schreiben, führen die fehlenden väterlichen Chromosomen dazu, dass die Wirte von Wolbachia nur Söhne produzieren. So gelingt es dem Bakterium, die Zahl nicht infizierter Weibchen in der Population zu senken. Und damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Wolbachia von infizierten Weibchen von einer Generation an die nächste weitergegeben wird.
Unwichtige Nebenbemerkung am Rande: Hopper kommt nicht aus dem Film ‚Antz‘, sondern aus ‚A bugs life‘ 😉