Die Frau ist älter als der Mann. Zumindest gilt das für ihre genetische Ausstattung, denn das X-Chromosom ist älter als das Y-Chromosom.
Die Chromosomen sind die Bücher, in denen der Bauplan des Lebens enthalten ist. Die Zahl dieser Bücher kann erheblich variieren – ein Bakterium hat eines, der Mensch 46 und einige Farne gleich 1000 Chromosomen. Über die Komplexität eines Organismus sagt das wenig aus, denn die meisten Seiten dieser Bücher sind mit scheinbar sinnlosen Buchstabenreihen gefüllt. Ob diese Bereiche der Chromosomen mehr sind als nur Lesezeichen, versuchen wir gerade erst zu verstehen.
Chromosomen bestehen aus DNA, die vielfach um die eigene Achse gedreht und um bestimmte Proteine gewickelt ist. Zwei Meter DNA passen so in einen Zellkern, der nur ein Hundertstel Millimeter klein ist. Bei der Teilung einer Zelle sind die Chromosomen so stark aufspiralisiert, dass man sie anfärben und im Mikroskop betrachten kann.
Jeweils die Hälfte unserer Chromosomen haben wir von der Mutter und dem Vater geerbt. Vorher sind jedoch deren Chromosomen – also letztlich die der Großeltern – kräftig durchmischt und sogar einige ihrer Teile ausgetauscht worden. Nur deshalb sind nicht alle Geschwister Zwillinge. Trotzdem führt das System von Keimzellbildung und Befruchtung dazu, dass wir mit unseren Geschwistern enger verwandt sind als mit unseren Eltern oder Kindern.
Verwandtschaft schafft bei Erbkrankheiten jedoch auch Probleme: Weil wir von jedem Elternteil eine Kopie jedes Chromosoms bekommen, kann meistens das gesunde Chromosom vom einen Elternteil die Schäden des anderen ausgleichen. Bei eng verwandten Eltern ist das Risiko jedoch groß, dass beide ein krankes Chromosom von den gemeinsamen Vorfahren geerbt haben und an ihre Kinder weitergeben. In diesem Fall treten auch seltene Erbkrankheiten gehäuft auf.